Die fünf Freundinnen

Zum Abschluss wollten die fünf Freundinnen nochmal fortgehen, aber diesmal bis 12 Uhr. Sie durften im Sommer länger und im Winter kürzer draußen sein, aber diesmal wollten sie so richtig erwachsen feiern. Die Bürokauffraulehre hatte Irem abgeschlossen, sie frisierte sich die Haare gerne gerade, aalglatt gefielen sie ihr am besten. Dazu schaute sie sich immer die verschiedensten Videos an und probierte immer die unterschiedlichsten Methoden aus. Nahezu alle sagten, dass sie keinen Unterschied sahen, aber sie wusste die Feinheiten so genau, dass selbst ihre Friseurin, eine ihrer besten Freundinnen, nicht mit ihr mithalten konnte, wenn es um aalglatte Haare ging. Sie hätte ganz für sie gerne „andere“ voluminösere glatte Haare. Sie hatte ihre wadenlangen Röcke und ihre langen Hosen, die sie mit unterschiedlichen Oberteilen anzog. Helen kleidete sich gern mit weißem Oberteil und Jeans ein und hatte die Installationslehre abgeschlossen, wollte aber nicht aufhören und wollte sich mit der Studienberechtigungsprüfung ein Studiumabschluss ergattern. Sie hatte bemerkt, wie gern sie eigentlich in der Schule war. Diese Lehre war vielleicht für eine junge Frau ungewohnt, aber sie verdiente gut und hatte schon die ersten Fahrerfahrungen in der Gruppe. Die mädchenshafteste Jugendliche unter ihnen war Sare, sie hatte die Friseurinlehre abgeschlossen. Sie konnte es einfach nicht lassen, dass sie sich über Irems Haare aufregte, sie wollte ihr unbedingt voluminöse Haare formen und solche ultracoolen Bilder auf ihrem Insta-Account posten lassen. Sie wollte unbedingt auch zeigen, dass sie eine Friseurin als Freundin hatte. „Und Du hast eine Friseurin als Freundin? Echt?“, war eine der Fragen, die sie am meisten fürchtete. Sie schämte sich so, wenn ihre Freundinnen nur den Anschein von Spliss oder Stoppeln von Frauenbart hatten. Sie hatte sich so daran gewöhnt, dass sie ihre Freundinnen pflegte, die anderen merkten kaum, dass sie schon Fieberblasen an den Hände hatte und sich nicht beschwerte oder sich aufregte. Sie freute sich einfach so über das Ergebnis nachher. Sie hatte ihr System von Kleidungsstücken, die sie je nach Anlass geordnet hatte und ihre Freundinnen wussten ganz genau, was sie tun mussten, wenn sie sich nach ihrem System kleidete. Ihre  mittellangen Haare trug sie gern voluminös und sprunghaft. Sie liebte das Gefühl, wenn die Haare weich an den Schultern runterhingen und sich vom Wind trugen ließen. Yeliz Su war eine extrovertierte junge Frau mit einem Bob und einer abgeschlossenen Fluglotsenlehre. Sie wollte aber noch eine Ausbildung als Flughostess abschließen und wartete noch bis sie das Geld dafür gesammelt hatte. Sie zog sich gerne Hosen mit einem Laiberl drüber an – mit einfachem Schnitt und eng anliegend. Ihre Sportschuhe kaufte sie sich gern vom Deichmann ein, mehr konnten sie sich einfach nicht leisten und das war genug für sie. Nie konnte sie sich für ein paar Schuhe entscheiden, ihr gefielen ein paar und wenn sie sie kaufte, bereute sie den Kauf. Merve hatte schwarze Locken und sie fielen immer unterschiedlich lang aus, mal waren sie kürzer, mal waren sie länger, mal doch wellenartiger und dann wieder spiralförmiger. Sie war an keinem Tag zufrieden mit ihren Haaren. Sie trug am liebsten Kleider, aber ihr gefielen nicht so viele, also zog sie Röcke mit T-Shirts an und dazu flache Ballerina. Sie hatte eher ein rundliches Gesicht, weshalb sie immer an ihren Wangen was auszusetzen hatte. Sie hatte gerade die Tischlerlehre abgeschlossen und sehr stolz auf ihre Leistung, sie wollte nur mehr die Meisterprüfung schaffen, mehr nicht. Dieses Bisschen, dieser kleine Weg, wäre noch ausständig und hielt sie von ihrem großen Traum ab, nämlich eine Tischlerei mit einer großen Verkaufsfläche zu führen. Sie würde die stabilsten und die kreativsten Möbelstücke herstellen, wie sie sie in diesen Möbelzeitschriften gesehen hatte. Vielleicht würde sie auch mit ein wenig Glück in einem dieser Zeitschriften veröffentlicht sein. Aus ihren Augen funkte es fast schon, als sie daran dachte. Meryem war die stillste, sie hatte eben die Mechanikerinlehre abgeschlossen und wollte unbedingt wie Merve, eine eigene Werkstatt mit Verkaufsfläche leiten. Zwar hatte sie vor der Gesellenprüfung so große Angst, dass ihr schon schlecht wurde, wenn sie daran dachte, aber sie wollte es weiterbringen. Sie konnte nicht einfach aufhören, alle rieten ihr weiterzumachen, solange sie jung ist, denn danach haben die meisten weniger Engagement und Zeit für die Prüfungen. Sie zog sich gerne Jeans mit Sportschuhen und einem Poloshirt an, sportlich und doch ein wenig casual wollte sie aussehen. Sie hatte schulterlange Haare, die sie meisten zu einem Dutt zusammenband, doch heute hatte sie sie geglättet und sie hatte sich geschminkt. Die Abwechslung gefiel ihr sehr, mal raus aus dem alltäglichen, rein ins Schicke. 

Sie roch an sich selbst und bemerkte die Blicke der anderen: „Was, ich will hier nicht nach Schmieröl riechen, ich habe nicht umsonst ein Parfüm mit.“ 

„Ja, passt eh, ich tue das ja auch, aber machs nicht so offensichtlich, Benji kann jederzeit da sein, ich will mich nicht blamieren.“, antwortete Irem hastig. 

„Ohh da Benji ist Dir wichtiger als wie ich. Wer kommt noch? Habt ihr den anderen Mechaniker auch eingeladen?“, fragte sie ein wenig zu aufgeregt zurück. 

„Ich glaube, heute kommen viele, weil ja alle abgeschlossen haben. Warum bist Du auf einmal so nervös? Dejan ist doch früher in den Urlaub gefahren oder?“, antwortete Yeliz. 

„Ja, ich weiss nicht mal, wie die Zeit vergehen soll. Der feiert wahrscheinlich mit seinen Freunden und Cousins und der halben Ortschaft jeden Tag den Abschluss. Ich krieg nur bis 12 Uhr Zeit zum Fortgehen.“

„Du bist schon aufgeregt, normalerweise bist Du nicht drauf. Ist was passiert bei der Prüfung?“, fragte Merve zurück. 

„Nach der Prüfung hatte ich ja diesen Schreit mit Kriti, der kommt vermutlich auch heute und wenn der trinkt, ist er das größte Arschloch, deshalb will ihm nicht begegnen. Ich will niemandem das Fortgehen versauen, aber ich will mirs auch nicht gefallen lassen. Weisst was er gesagt hat, „Hast eh nur die Lehre gemacht, damit Du Dejan heiraten kannst oder einen anderen Mechaniker, weil selbst kannst Du ja nicht so viel, ich bin mir so sicher, dass Du die Prüfung nur geschafft hast, weil Du ein Määädcchhhennn bist!““, ahmte sie ihn nach. Sie hatten sich danach noch gegenseitig geschupst, aber so was erzählte sie ihren Freundinnen erst, wenn sie auch von ihnen etwas Ähnliches hörte, weil sie sie sonst immer aufzogen und sie dann schlechtes Gewissen hatte. 

„Was nimmst ihn so ernst, Kriti – immer, wenn ich den Namen höre, denke ich an den Schauspieler, oh Gott ist das er?“, fragte Merve. 

Meryem drehte sie um und war wieder auf Merves Scherz eingefallen. Sie konnte nicht anders, das wusste sie, aber manchmal war es echt nicht lustig und Dejan war nicht da. 

Helen schrieb ununterbrochen mit jemandem und konnte die Antwort fast nicht abwarten und kaute so heimlich auf ihrem Kaugummi rum. Als sich Meyrem umdrehte, sah auch um sich herum und stoß Merve mit der Schulter an, damit sie sich ein wenig zurücknahm. Sie war so aufgedreht, wenn sie länger draußen waren. Eigentlich döste sie vor sich hin um diese Uhrzeit. Merve wollte sie die Gelegenheit nutzen und gleich ein Blick auf Helens Smartphone werfen und sah, dass sie mit ihrer Mutter schrieb. Thema war ihr Geburtstag, sie wollte sie gemischt mit allen machen, ihre Mutter wollte eher eine kleine Feier und sie stritten sie und zogen Vergleiche durch die ganze Nachbarschaft und die Verwandtschaft, als sie den Vergleich bei ihren Freundinnen machen wollte, hatte sie ein wenig schlechtes Gewissen, weil sie soviele Menschen, wie möglich einladen wollte, aber ihre Freundinnen immer der Meinung waren, wenige wären besser. Außerdem musste sie sich um Lokal umsehen, weil der Veranstaltungsraum in der Genossenschaft war ihrer Einschätzung nach zu klein, und sie wollte unbedingt so eine Riesenfeier zu ihrem achtzehnten Geburtstag. Sie hatte alles schon geplant, selbst ihr Kleid hatte sie schon bestellt. Zwar hatte sie sich dafür Geld ausgeliehen, aber sie wollte es unbedingt anziehen. Als sie nochmal hochblickte, um die Wartezeit auf den Bus zu kontrollieren, sah sie Mark, eigentlich hieß er Mahmut, aber er ließ sich nie so nennen. Sie hatte eigentlich gar nicht mit ihm gerechnet und sah ihn zum ersten Mal mit Hemd. Seine welligen Haare hatte er ausgeformt und nach hinten gelegt, sie mochte nicht wie sie aussahen, aber sie sagte nichts. Er grüßte sie alle, Merve stieß sie gleich mit dem Ellbogen an und deutete auf ihr Handy, weil es nach vorne gebeugt war und ihr fast aus den Händen gefallen wäre. Helen sah ihn selten und sie versuchte alles in ihrem Gedächtnis einzuspeichern, wenn sie ihn sah. Er ging nämlich auf die Tourismusschule und wollte Kellner werden. Sie hatten mehrere kurze Gespräche, weil sie an der selben Bushaltestelle ausstiegen, und er erzählte ihr gerne von seinen Plänen, mal ein eigenes Restaurant zu besitzen. Sie hatte nach und nach so eine kleine Neigung zu ihm aufgebaut und malte sich ihren Friseurladen und sein Restaurant aus, versuchte sogar Namen zu kreieren und konnte die Zukunft, in der das alles passieren sollte, nicht abwarten. Sie hätte sich gerne in ein Schlaf gelegt, während dessen alles fertig organisiert sein würde. Sie würde ihm dann einfach ein Angebot machen, eine Zusammenarbeit und eine Familie gleichzeitig aufzubauen, wie in den Filmen und den Realityserien und das Wichtigste war, dass er eigentlich vom Aussehen her zu ihr passte, beide hatten dunkelbraunes Haar, waren normal bis gutaussehend, seine Haare würde sie immer herrichten. Sie mochte nie, wie sie so durch die Luft sausten, wenn der Wind wehte. Sogar beim Einkaufen dachte sie manchmal nach, was er wohl gerne aß und sie ihn vielleicht mal fragen sollte. Merve riss sie gern aus ihrem Traumplan raus, wenn sie sie darin fand und schubste sie nochmal. 

„Schon wieder Du, er und die erfolgreiche Traumplan? Wach auf, er weiss nicht einmal, dass Du sowas denkst oder?“, fragte sie sie fast auffordernd, weil sie Mark nicht mochte, weil er seinen eigenen Namen nicht mochte und sie konnte seinen Gang nicht ausstehen. Er ging wie ein Macho aus den 90ern, wie die Onkeln, die nie alt werden wollten und immer nach den selben Hemden und Hosen im Kleidungsgeschäft suchten. 

„Ja, üff und? Darf ich jetzt nicht einmal mehr etwas ausdenken? Du mit Deiner Fernbeziehung red nicht ja. Weisst nicht einmal, wann Du ihn wieder sehen wirst, so weit ist er.“, antwortete sie. 

„Meine Tante sagt immer, weit weg ist in unserem Alter gut, grad über sweetsixteen, knackige achtzehn und mit der Lehre fertig, weisst Du wie attraktiv wir eigentlich sind, ich werd aus allen gefragt, ob ich einen Freund hab und ich sag immer, ja und mehr geht euch nichts an.“, erklärte Merve gleich zurück. 

„Gut, dass Du das gleich der ganzen Welt um uns mitteilst. Hoffentlich hat er nichts gehört. Weisst Du wie peinlich Du sein kannst, wie wären wir nur Partner, wie heißt das, Unternehmenspartner. Machst alles so offen. Wo ist Irem“, sagte Helen leicht verärgert zurück. 

Sie hatten gar nicht bemerkt, dass sie abseits mit Benji stand. Sie hätten sich am liebsten herangeschlichen und ihnen das Gespräch peinlich werden lassen, weil die beiden schon an Heirat, Hochzeit und Kinder so dachten und sie das gern noch ein wenig hinauszögerten, damit sie mit ihrer Freundin noch Urlaub und alles, was sie zusammen geplant hatten noch gerne gemacht hätten, bevor sie diesen Besserwisser-Maturant geheiratet hatte. Aber diesmal würden sie sie in Ruhe lassen und nicht nach seinem Maturaergebnis fragen, weil sie Irem versprochen hatten, nichts ironisches zu sagen. Yeliz hätte ihm gerne noch einen auf die Schulter gehauen, weil er letzte Woche zum Kinobesuch nicht gekommen und sie die Eintrittskarte gemeinsam bezahlen mussten. Sie verstand sowieso die ganze Mögerei nicht, sie waren alle so kindisch, selbst der Kofferfahrer am Flughafen war reifer und wusste mehr über alles, als wie die alle da. Außerdem waren alle, die sie irgendwie mochte und gemocht hatte mindestens drei Jahre älter und sie hatte sich selbst versprochen sie würde sich nicht vor ihrem vierundzwanzigsten Lebensjahr verlieben. Sie wollte davor noch die kleine Reise machen, die Mäzene immer vor der Meisterprüfung machen. Die hatte vor ihr noch keine türkischstämmige gemacht, sie wollte die erste sein. Sie sah um sich herum und bemerkte doch, dass Mark Helen im Augenwinkel zu beobachten schien. Sie deutete  mit ihrem Kopf Richtung Mark und Meryem und Merve ergriffen sofort die Möglichkeit, Helen nach ihren Zukunftsplänen zu fragen, damit sie sie zumindest noch rot werden ließen, bevor sie ins Stadtinnere fuhren. Am liebsten hätte sich Helen hinter ihnen versteckt, aber sie gingen absichtlich auseinander, damit Irem und Benji ja nicht die Gelegenheit zum Schmusen nutzen. 

„Tut nicht so, als wüsstet ihr es nicht. Mah, ich reisst Euch zusammen, sie wird ausflippen und mir ist das peinlich!“

„Als Du letztes mal mich und Dejan nach Hochzeitsplänen gefragt hast, wars nicht peinlich oder was, ich bin Mechanikerin weisst und meine Kollegen waren auch da.“, sagte Meyrem. 

„Bei Euch ist das, was anderes, ihr kennt Euch länger und seid sowas wie ein Paar. Wir reden nur ab und zu und kennen uns kaum.“, antwortete sie leise mit halbgeschlossenem Mund. 

„Wenn Du willst, können wir ihn gerne her bitten und ihr könnt ja mal reden. Was sagst Du?“, fragte Merve in die Länge ziehend. 

Der Bus fuhr in die Station rein und sie konnten nicht mehr reden, weil sie Nachbarn und Bekannte im Bus sahen. Dejan rief an, aber auf Meyrems Smartphone stand Diana und sie sollte nicht abheben, weil seine tiefe Stimme überhaupt nicht weiblich klang und sie dann vermutlich Gesprächsstoff für die Tratschigen werden würde, die letzten Wochen waren eh schon anstrengend genug, sie wollte nicht, dass auch Probleme dazukamen und außerdem ihren Vater zum Kauf eines Kleinautos überreden. Sie würde dann mit ihren Freundinnen durch die Stadt fahren und müssten sich nicht in ein Cafe setzen, vielleicht würden sie sogar Abendpicknicks wie in den Filmen machen, einfach nach der Arbeit rausfahren und das Leben genießen. Sie grüßten ein paar der aussteigenden Menschen und wollten unbedingt die Vierersitze hinten noch ergattern. Ein paar aus der HAK wollten sich vordrängen, sie schlangen sie aber elegant durch und saßen sich so hin, dass Irem und Benji noch ein wenig Privatsphäre hatten. In der Stadt wollten sie sich trennen, weil Benjis Freunde älter waren und nicht mit ihnen zusammenfeiern wollten. Sie hatten alles geplant und vereinbart, dass sie gemeinsam nur Spaß haben werden würden und sich von nichts runterziehen lassen würden. Die letzten Wochen waren so anstrengend, dass sie sich nur Musik, Tanzen und Lachen gönnen wollten. Während der Fahrt redeten sie nicht viel, weil die Masken im Sommer so erstickend waren. Nach dem Aussteigen warteten sie ein paar Sekunden, um sich zu erholen und auf Irem und Benji zu warten. Sie richteten ihre Kleidungen und schauten sich den Weg an, als die Nachbarskinder vorbeigingen. Sie waren so eine Clique, die in die Modefachschule gingen, ständig am Nähen waren und so taten als würden sie für den Laufsteg Klamotten herrichten. 

„Hi Helen, wie geht’s? Schick siehst Du aus? Geht ihr heute fort? Wohin denn?“, fragte Franzi.

„Ganz gut, danke und wie geht’s Dir so? Ja, und ihr geht auch fort?“, antwortete Helen ganz besonders nett. 

Merve und Meyrem sahen sich an und kniffen ein wenig die Augen. 

„Zum Dancefloor gehen wir und ihr?“, antwortete auch Yeliz. 

„ Wissen wir noch nicht, aber vielleicht schauen wir da auch vorbei? Passt ja auf, gell. Falls was passiert, ruft die Security.“, sagte Franzi ein wenig wegweisend. 

„Ja, danke, machen wir. Viel Spaß!“, antwortete gleich Helen hastig. 

„Viel Spaß, Tschüss!“, sagten sie alle halbherzig. 

„Was bist denn so nett zu der?“, fragte Yeliz gleich, weil sie genau wusste, dass Helens Mutter Helen immer vorgeworfen hatte, dass sie nicht in die Modefachschule gegangen war. 

„Ja, wenn das Kleid zum Geburtstag nicht passt, werde ich sie brauchen, sie wird mir helfen, hat sie letzte Woche noch gesagt.“, sagte sie ein wenig schulbewusst und hastig. 

„Was soll Dir ein Kleid nicht passen, Du trägst 38. Bist ja nicht schulterbreitig wie Meryem.“, sagte Merve. 

„Wir könnten Dir auch helfen, was sagst das der blöden Kuh. Dann hörst Dir wieder alles von Deiner Mutter an.“, sagte Yeliz. 

„Wäre halt ein wenig hier und schief genäht und so hängenden Fäden zwischendurch, wie die ganz billigen Klamotten vom Ständermarkt, aber ja ein Kleid hättest schon.“, sie sah wie Helen rot anlief und fügte gleich hinzu „Was sagst denn schulterbreitig, heh, was kann ich dafür, dass ich so Schweres tragen muss in MEINEM BERUF. Beruf klingt so geil oder?“, sagte sie sich und lächelte ein wenig. 

Sie konnten sich einen Grinser nicht verkneifen. Alle hatten sich die Abschlüsse so hart verdient und waren so stolz aufeinander, dass sie schon ohne Musik in Partystimmung waren. Irem hatte die ganze Diskussion verpasst und tuschelte noch mit ihrem Freund. 

Da fügte sie noch mit einer heiseren Stimme hinzu: „Gegen Ständermarktgwand hätten wir ja alle nichts, aber ich will ihn auch einladen.“

„Ja, er mit seinem Hemd muss nicht, nein, darf nicht viel erwarten. Das ist gestreift, wie ein Onkelhemd.“, sagte Yeliz mit lauter Stimme und zeigte in die Richtung, in die er gegangen war. 

Helens Wangen liefen tiefrot an und sie konnte sich kaum bewegen, da fiel ihr ein Satz ein. 

„Mach alles so peinlich für mich, wir wissen ja auch deine Uralten, soll ich da auch so reagieren?“, sagte sie aufgeregt. 

„Ich will nichts mit ihnen haben, ich mag sie nur, das ist ein Unterschied und ich will sie gar nicht einladen.“, antwortete sie zurück. 

„Sagt ihr auch mal was oder Irem, sag was!“, forderte sie Helen auf. 

„Ich komme gleich!“, sagte sie Nettigkeit vortäuschend, das tat sie immer, wenn Benji dabei war und er sagte immer, sie wäre so schauspielerisch begabt. 

Die anderen fanden diese Art von gar nicht so, aber sie wussten verliebte Paare müssen nicht verstanden werden. 

Helen fühlte sich in dem Moment entmutigt und war so knapp davor, ihrer Mutter zu schreiben, dass sie die Party doch klein halten werde, als Yeliz schlechtes Gewissen bekam und einfach zu murmeln anfing. Sie hatten jedes Jahr, besonders im Sommer ihre Lieblingslieder, sie sangen sie gern zusammen, zwar murmelte Merve nur gerne mit und schaute oft um sich, um ja keine ungewollten Mithörenden mit ihren Stimmen zu beglücken. Aus dem ersten Stock eines Wohnhauses hörte es sich fast wie ein Akappella an.

 

 

 

 

Oh Gott, wie sollte sie das ihren Freundinnen erzählen? Er hatte klipp und klar gesagt, dass er sie eine Zeitlang verschweigen werde, weil die Prüfungen in der Schule zu anstrengend waren und er sich nicht immer rechtfertigen wollte – „an meine Eltern denke ich gar nicht!“ fügte er hinzu. Er könnte das ja tun, aber sie konnte sich das gar nicht vorstellen. Was sie alles ihren Freundinnen erzählt hatte und sie von ihren Freundinnen wusste, war peinlichst viel und so detailreich, dass sie gar nicht wusste, wie sie das heimlich halten sollte. Sie merkten sofort, dass was nicht passte und sie nicht

 

 

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